Digitales Fabrikmodell

Mittels Scan zum 3D-Planungsmodell

Ein digitales Fabrikmodell ist eine virtuelle Darstellung einer realen Fabrik, die für verschiedene Zwecke wie Planung, Simulation, Optimierung oder Dokumentation verwendet werden kann. Um ein digitales Fabrikmodell zu erstellen, muss man zunächst die reale Fabrik in 3D erfassen. Dies kann mit verschiedenen Methoden des 3D-Scannings erfolgen, die in diesem Newsletter vorgestellt werden. Außerdem werden Tipps für die Auswahl der geeigneten Hardware, Software und Techniken gegeben, um ein hochwertiges und realistisches digitales Fabrikmodell zu erzeugen.

Methoden des 3D-Scannings

3D-Scanning ist ein Verfahren, bei dem die Geometrie, Farbe und Textur von realen Objekten oder Umgebungen mit Hilfe von Sensoren erfasst wird. Die erfassten Daten werden zu einer Punktwolke verarbeitet, die aus Millionen von Punkten besteht, die jeweils eine x-, y- und z-Koordinate sowie einen RGB-Farbwert haben. Eine Punktwolke kann als eine Art digitaler Abdruck der realen Struktur angesehen werden, die in einer geeigneten Software weiterverarbeitet werden kann.
Es gibt verschiedene Methoden des 3D-Scannings, die sich in der Art der verwendeten Sensoren, der Genauigkeit, der Geschwindigkeit, der Reichweite und dem Preis unterscheiden. Die wichtigsten Methoden sind:

Laser-Scanning: Diese Methode verwendet einen Laserstrahl, der die Oberfläche des Objekts oder der Umgebung abtastet und die Entfernung und den Winkel zu jedem Punkt misst. Laser-Scanner können in zwei Kategorien unterteilt werden: terrestrische und mobile. Terrestrische Laser-Scanner werden stationär auf einem Stativ aufgestellt und können sehr hohe Genauigkeiten (bis zu 2 mm) und Reichweiten (bis zu 500 m) erreichen. Sie sind jedoch relativ teuer und erfordern mehrere Scan-Positionen, um eine vollständige Abdeckung zu gewährleisten.

terrestrische Scanner

Mobile Laser-Scanner werden von Hand oder auf einem Fahrzeug getragen und können kontinuierlich Daten erfassen, während sie sich durch die Umgebung bewegen. Sie sind schneller und flexibler als terrestrische Scanner, haben aber eine geringere Genauigkeit (bis zu 6 mm) und Reichweite (bis zu 130 m).

mobile Scanner

LiDAR-Scanning: Diese Methode ist eine Variante des Laser-Scannings, die die Laufzeit oder die Phasenverschiebung von reflektierten Laserimpulsen oder -wellen verwendet, um die Entfernung zu jedem Punkt zu bestimmen. LiDAR-Scanner können in verschiedenen Plattformen eingesetzt werden, wie z.B. Flugzeugen, Drohnen, Fahrzeugen oder Robotern. Sie können große Gebiete schnell und effizient erfassen, haben aber eine geringere Auflösung und Farbqualität als Laser-Scanner.

Photogrammetrie: Diese Methode verwendet mehrere Bilder, die aus verschiedenen Blickwinkeln von einer Kamera aufgenommen werden, um die 3D-Struktur des Objekts oder der Umgebung zu rekonstruieren. Die Bilder werden mit einem Algorithmus analysiert, der übereinstimmende Punkte identifiziert und die Kameraposition und -orientierung berechnet. Aus den Bildpunkten wird dann eine Punktwolke erzeugt, die mit Farbinformationen angereichert werden kann. Photogrammetrie kann mit verschiedenen Kameras durchgeführt werden, wie z.B. mit dem Apple iPhone 12 Pro und neuer. Sie ist kostengünstig und einfach zu bedienen, hat aber eine geringere Genauigkeit und Zuverlässigkeit als Laser- oder LiDAR-Scanning.

Tipps für die Auswahl der geeigneten Hardware und Software

Die Auswahl der geeigneten Hardware und Software für das 3D-Scanning hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Ziel der Planungsaufgabe, dem Umfang und der Komplexität der Fabrik, dem verfügbaren Budget und der erforderlichen Genauigkeit und Qualität des digitalen Fabrikmodells. Hier sind einige allgemeine Tipps, die bei der Auswahl helfen können:

  • Definieren Sie das Ziel der Planungsaufgabe: Bevor Sie mit dem Scannen beginnen, sollten Sie wissen, was Sie mit dem digitalen Fabrikmodell erreichen wollen. Zum Beispiel, ob Sie eine grobe Übersicht der Fabrikstruktur oder eine detaillierte Darstellung der Maschinen und Anlagen benötigen. Dies wird Ihnen helfen, den notwendigen Detaillierungsgrad und die Anforderungen an die Datenqualität zu bestimmen.
  • Bewerten Sie den Umfang und die Komplexität der Fabrik: Die Größe und die Form der Fabrik beeinflussen die Wahl der Scanning-Methode und die Anzahl der Scan-Positionen. Große und offene Bereiche können mit LiDAR- oder Photogrammetrie-Methoden schnell erfasst werden, während kleine und verwinkelte Bereiche mit Laser-Scanning-Methoden genauer erfasst werden können. Die Komplexität der Fabrik bezieht sich auf die Anzahl und die Art der Objekte, die gescannt werden sollen, wie z.B. Maschinen, Rohre, Kabel, Regale, etc. Komplexe Objekte erfordern eine höhere Auflösung und Farbqualität, die mit Laser- oder Photogrammetrie-Methoden erreicht werden können.
  • Berücksichtigen Sie das verfügbare Budget: Das Budget ist ein wichtiger Faktor, der die Auswahl der Hardware und Software einschränkt. Die Kosten für das 3D-Scanning variieren je nach der gewählten Methode, der benötigten Hardware und Software, der Dauer des Scannens und der Verarbeitung der Daten. Im Allgemeinen sind Laser- und LiDAR-Scanner teurer als Kameras, und spezialisierte Software für die Verarbeitung und Modellierung von Punktwolken ist teurer als allgemeine Software. Sie sollten daher das Kosten-Nutzen-Verhältnis der verschiedenen Optionen abwägen und diejenige wählen, die Ihren Anforderungen am besten entspricht.
  • Vergleichen Sie die Genauigkeit und Qualität der verschiedenen Methoden: Die Genauigkeit und Qualität der 3D-Daten hängen von der gewählten Scanning-Methode, der verwendeten Hardware und Software, den Scan-Einstellungen und den Umgebungsbedingungen ab. Sie sollten daher die Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden vergleichen und diejenige wählen, die die beste Balance zwischen Genauigkeit, Qualität und Geschwindigkeit bietet. Sie sollten auch die Kompatibilität der Datenformate mit der Software, die Sie für die Weiterverarbeitung und Modellierung verwenden wollen, überprüfen.

Vorgehensweise für die Erstellung eines digitalen Fabrikmodells

Nachdem Sie die 3D-Daten der realen Fabrik erfasst haben, können Sie mit der Erstellung eines digitalen Fabrikmodells beginnen. Dieser Schritt erfordert die Verwendung von spezialisierter Software, die in der Lage ist, die Punktwolken zu verarbeiten und zu modellieren. Hier sind einige Tipps, die Ihnen helfen können, ein gutes Ergebnis zu erzielen:

Bross Digitales Fabrikmodell Mesh
  1. Wählen Sie die geeignete Software für die Punktwolkenverarbeitung: Es gibt verschiedene Softwarelösungen für die Punktwolkenverarbeitung, die unterschiedliche Funktionen und Leistungen bieten. Einige Beispiele sind: Faro Scene, Leica Cyclone, Autodesk ReCap, Bentley ContextCapture, Trimble RealWorks, PointCab, etc. Sie sollten die Software wählen, die am besten zu Ihren Daten und Anforderungen passt, und die eine hohe Kompatibilität mit den Datenformaten der Scanning-Hardware und der Modellierungssoftware bietet. Sie sollten auch die Benutzerfreundlichkeit, die Geschwindigkeit, die Qualität und den Preis der Software berücksichtigen.
  2. Vermaschen (Mesh) Sie die Punktwolken sorgfältig: Um die Punktwolken in ein digitales Fabrikmodell umzuwandeln, müssen Sie sie vermaschen, d.h. eine Oberfläche aus Dreiecken zu erstellen, die die Form der Objekte oder Bereiche approximiert. Dieser Schritt erfordert eine hohe Rechenleistung und kann je nach der Größe und Komplexität der Punktwolken lange dauern. Sie sollten daher die Vermaschung sorgfältig durchführen, um die Qualität und Genauigkeit des Modells zu gewährleisten. Dazu gehört, die Vermaschungsparameter anzupassen, wie z.B. die Auflösung, die Glättung, die Vereinfachung, die Löcherfüllung, etc., die Vermaschungsqualität zu kontrollieren, wie z.B. die Anzahl, die Größe, die Form und die Orientierung der Dreiecke, die Konsistenz, die Vollständigkeit und die Topologie der Oberfläche, etc., und die Vermaschungsfehler zu korrigieren, wie z.B. die Lücken, die Überlappungen, die Spikes, die Artefakte, etc.

Wie künstliche Intelligenz helfen kann

Die Erstellung eines digitalen Fabrikmodells mittels 3D-Scanning ist ein komplexer und anspruchsvoller Prozess, der viel Zeit, Ressourcen und Fachwissen erfordert. Um diesen Prozess zu erleichtern und zu beschleunigen, kann man künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, die in der Lage ist, die 3D-Daten zu analysieren, zu verstehen und zu optimieren. Hier sind einige Beispiele, wie KI helfen kann:

  • KI kann die Vermaschung der Punktwolken verbessern, indem sie die optimale Auflösung, Glättung, Vereinfachung, Löcherfüllung, etc. für jede Punktwolke oder jedes Segment bestimmt, die Vermaschungsqualität überprüft und die Vermaschungsfehler korrigiert. Dies kann die Vermaschungszeit und die Datenmenge reduzieren und die Modellgenauigkeit und -konsistenz erhöhen. Beispielhaft kann hier die Software PointFuse genannt werden.
  • KI kann die Modellierung des digitalen Fabrikmodells vereinfachen, indem sie die vermaschten Punktwolken oder die Segmente mit vordefinierten oder generierten 3D-Modellen von Objekten oder Bereichen ersetzt, die die realen Geometrien und Texturen besser repräsentieren. Dies kann die Modellierungszeit und die manuelle Bearbeitung reduzieren und die Modellrealität und -ästhetik verbessern. Dies ist ein Ansatz der zum Beispiel von Riiico verfolgt wird.

Fazit

Das 3D-Scannen und die Modellierung von realen Strukturen wie Gebäuden und Maschinen ist eine leistungsfähige Technik, die viele Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der digitalen Fabrikplanung bietet. Durch das 3D-Scannen können detaillierte und genaue Modelle der realen Umgebung erstellt werden, die für Planung, Dokumentation, Analyse oder Simulation genutzt werden können. Die Modelle können auch mit dem Metaverse verbunden werden, um virtuelle Welten zu schaffen, die den Nutzern ein authentisches Erlebnis bieten. Das 3D-Scannen erfordert jedoch auch eine geeignete Hardware, Software und Methodik, um die Qualität der Daten zu gewährleisten und die Datenmenge zu reduzieren. Das 3D-Scannen und die Modellierung von realen Strukturen ist eine vielversprechende Technologie, die in Zukunft weiterentwickelt und optimiert werden wird, um neue Möglichkeiten für die Fabrikplanung und andere Bereiche zu eröffnen.

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